Das Studienseminar Albertinum 1900 bis 1990

Der Weg eines katholischen Internates in München

von Maximilian Mühlbauer
Buch-Weyerer.jpgBenedikt Weyerer, Jahrgang 1951, Pädagoge und Historiker, im Albertinum tätig seit 1988, inzwischen stellvertretender Seminarleiter, hat am 27. Februar 2007 vom Kuratorium der Stiftung Studien seminar Albertinum den Auftrag erhalten, die Geschichte dieser altehrwürdigen Münchner Einrichtung von 1918 bis 1999 darzustellen. In der Einleitung zu seinem Buch begründet Weyerer knapp, aber sehr fachkundig und schlüssig, warum er - mit Zustimmung des Kuratoriums - den Zeitraum seiner Betrachtung auf die Jahre 1900 bis 1990 verschiebt, und macht allein damit schon den Leser neugierig.
Seine Aussage, dass er, als er von seinem Chef Monsignore Dieter Olbrich vor längerer Zeit bereits gefragt wurde, ob er sich vorstellen könnte, sich mit der oben genannten Thematik auseinander zu setzen, freudig bejahte, belegt, dass er sich mit voller Hingabe diesem Thema widmen würde und sich schließlich auch gewidmet hat. Dabei kommt ihm zugute, dass er als Insider - Weyerer gehört dem Albertinum seit 23 Jahren an - mit den Strukturen dieser Institution bestens
vertraut ist und daraus sehr großes Kapital für die Konzeption seines Buches schlagen konnte.
Weyerer stellt seine Ausführungen auf eine sehr qualifizierte und detaillierte Archivarbeit. Seine Gründlichkeit wird schon beim ersten Durchblättern sichtbar, denn auf den meisten Seiten finden sich Fußnoten, durch Gänsefüßchen gekennzeichnete Passagen bzw. weitere Hinweise. Nicht zuletzt die Nähe zum Stoff, so der Autor in einem Gespräch, habe ihn beflügelt, filigran zu arbeiten, so dass schließlich ein Buch von gut 450 Seiten entstanden ist.
Weyerer verifiziert in überzeugender Weise seine Behauptung "Das Albertinum stellte und stellt lediglich einen winzigen Ausschnitt im großen gesellschaftlichen Zusammenhang dar. Dennoch lassen sich die sozialen, pädagogischen und politischen Entwicklungen der Jahre 1900 bis 1990 am Leben und Schicksal des Hauses und der ihm anvertrauten Jugendlichen umfassend darstellen." und wird dadurch seinem hohen Anspruch voll gerecht. So kann der Leser, um nur zwei Beispiele zu nennen, anhand der Aufsatzthemen im Deutschunterricht in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg sehr gut erkennen, was sich hinter dem Begriff "patriotische Erziehung" verbirgt, und anhand der "Säuberung der Bibliothek im Schuljahr 1933/1934" leicht durchschauen, wie der Nationalsozialismus in alle Lebensbereiche vorzudringen und seine Zielsetzungen gnadenlos durchzusetzen weiß.

Schließlich gelingt es Weyerer sehr einfühlsam, den Alltag in einem Internat mit all seinen Facetten und Problemen im Wandel der Zeit darzustellen und das Profil von handelnden Hauptpersonen sichtbar zu machen.
Insgesamt betrachtet, hat Benedikt Weyerer in nur vier Jahren ein ausgesprochen sorgfältig recherchiertes Buch geschrieben, das für alle, die mit dem Albertinum in irgendeiner Weise zu tun hatten bzw. haben, nicht nur lesenswelt ist, sondern auch eine Alt Nachschlagewerk in Sachen Internat und Internatsgeschichte darstellt.


Buch-Weyerer-back.jpgMaximilian Mühlbauer Oberstudiendirektor a.D.
Benedikt Weyerer: Das Studienseminar Albertinum 1900 bis 1990. Der Weg eines katholischen Internates in München. Verlag Geschichtswerkstatt
Neuhausen 2011. ISBN 978-3-931231-23-1. € 24,00